Informationsblatt der Palitzsch-Gesellschaft e.V.

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Infoheft 2011.3


Im „Land der langen, weißen Wolke“ - Aotearoa, Februar 2011


Mit zwei Flügen von jeweils über elf Stunden gelangten wir von Frankfurt / Main über Seoul nach Auckland. Das Stadtgebiet mit 48 erloschenen Vulkanen wurde vor über 600 Jahren von den Maori, die von den pazifischen Inseln Neuseeland erreichten, besiedelt. Von hier aus begann unsere vierwöchige touristische Rundreise auf den beiden Inseln Neuseelands, zunächst auf der Nordinsel.
Weiter nördlich durchstreiften wir einen Wald von Kauris. Mit den kalifornischen Redwoods zählen die Kauris zu den mächtigsten Bäumen der Erde. Die Kauris wurden wegen ihres außergewöhnlichen Holzes von den europäischen Siedlern fast ausgerottet. An einem der mächtigsten Bäume, am Tane Mahuta (Gott des Waldes), informiert eine Tafel über die Kosmologie der Maori.
 
Tane Mahuta
 
Tane ist der Sohn des Himmelsvaters Ranginui und der Erdmutter Papatuanuku. Tane brach aus der Umarmung seiner Eltern aus, um Licht, Raum, Luft zu schaffen und das Leben zum Erblühen zu bringen. Tane ist der Schöpfer des Lebens, alle Kreaturen sind seine Kinder.
Tane Mahuta ist mit etwa 2000 Jahren der älteste Baum Neuseelands. Seine Daten: Umfang 13,8 m / Gesamthöhe 51,5m / Stammhöhe 17,7 m / Stammvolumen 244,5 m³.
Wie bei jeder Reise, so mußte ich auch dieses Mal viele Informationen über astronomische Beobachtungsmöglichkeiten aufwändig zusammensuchen. Neuseeland ist eben kein klassisches Reiseland für Amateurastronomen.
Anhand des Reiseverlaufes mußte ich prüfen, an welchen Orten ich aufgrund der Lichtverschmutzung mit guten Beobachtungsmöglichkeiten rechnen konnte (Hotel in der Großstadt oder Hütte im ländlichen Raum?), an welchem Beobachtungsort, -tag welche Mondphase ist etc. Das ist noch einfach. Schwierig ist der Einfluß des Klimas, des täglichen Wetterverlaufs und der nächtlichen Luftfeuchtigkeit (Beschlagen der Optik) von zuhause aus einzuschätzen.
Bei der Wahl der astronomischen Geräte waren neben den voraussichtlichen Beobachtungsmöglichkeiten vor Ort auch das Gewicht, das Volumen, die Aufbauzeit und die Umstände des Transportes zu berücksichtigen…
Viele Varianten hatte ich durchdacht und immer wieder verworfen und ich entschied mich dann für die bewährte Minimalvariante:
Zeiß-Fernglas 10x50 mit Halterung, Praktika-Astrokamera, Photostativ für beide Geräte, 400er Farbdiafilme, drehbare Sternkarte, Atlas für Himmelsbeobachter (Karkoschka), Deep-Sky-Reiseatlas.
 
Matairangi: „A place to watch the sky“, Mount Victoria, Wellington

Wie richtig vorausgesehen, konnte ich die ersten Beobachtungen bei Paihia an der Bay of Islands, nördlich von Auckland, machen. Zwei Tage nach dem Neumond waren die Plejaden (Matariki in der Sprache der Maori), der Orion, Sirius (Takurua) schön über dem Meer zu sehen. Die Nächte vom 4.- 9. Februar, die ich wie vorn Matairangi: „A place to watch the sky“, Mount Victoria, beschrieben, als zum Beobachten geeignet prognostiziert hatte, waren bis auf die Nacht vom 5. zum 6. Februar zu stark bewölkt gewesen. Ich konnte nicht beobachten. Tags über war es immer sonnig. Tage später in Wellington sah ich, im Zentrum der Stadt, mit bloßem Auge das Kreuz des Südens (Te Punga). Vom Mount Victoria hat man einen phantastischen Blick über Wellington und das Meer.
 
Carter Observatory, Wellington

Auf der großen Aussichtsplattform stehen viele Säulen mit astronomischen Tex-ten und Abbildungen. Im Botanischen Garten der Stadt befindet sich das Carter Observatory mit einem Planetarium, einer Bibliothek und Ausstellungsräumen. Dokumen-tiert sind die Beobachtun-gen des Venusdurchgan-ges vor der Sonne durch Kapitän James Cook am 3. Juni 1769 auf Tahiti und des Merkurdurchganges am 10. November 1769 auf Neuseeland. J. Cook und der Schiffsastronom Charles Green gingen im Hafen Whitanga an Land. Mittels eines Schiffschronometers stand ihnen die Greenwicher Zeit zur Verfügung. Sie kannten aus einem Almanach die genaue Zeit des Merkurdurchganges in Greenwich und konnten mit ihren Beobachtungsergebnissen die genaue geo-graphische Länge ihrer Position berechnen. Dieser Platz trägt seitdem den Namen Merkury Bay. Ohne jede Rechnung kann man leicht feststellen, ob man sich nördlich oder südlich des Äquators befindet. Ein Stab wird senkrecht in die Erde gesteckt und am Ende des Schattens eine Markierung angebracht. Wenn sich der Schatten, wie auf dem Photo; nach rechts und demzufolge die Sonne am Himmel nach links bewegt, befindet sich der Beobachter auf der südlichen Halbkugel.
 
Dominion Observatory, Wellington

Wellington beherbergt auch das Dominion Observatory, 1907 als Hector Obser-vatory errichtet und 1925 umbenannt. Es diente zur Zeitbestimmung für die Schiffsfahrt, den Eisenbahnverkehr und die Öffentlichkeit mittels Beobachtung
der Sonne, der Sterne und Planeten. Seit 1916 gibt es hier auch seismologische Beobachtungen. Sporadisch ab 1841 und kontinuierlich ab 1862 wird das Wetter (Regen, Temperatur) beobachtet. Mit einem Astrolabium, einem Instrument zur Messung der Höhe der Sterne und Planeten, wurde im Internationalen Geophy-sikalischen Jahr 1957/1958 die Schwankung der Erdachse gemessen.
Die Koordinaten der Sternwarte sind: S 41° 17‘ 02.9“ und E 174° 46‘ 05.6“.
Die Nächte im Tongariro-Nationalpark waren stark bewölkt und nach der Schiffspassage von Wellington durch die Cook Strait auf die Südinsel nach Picton hoffte ich auf klare Nächte. Leider gab es diese nicht. Erst früh am 15. Februar in Fox Glacier konnte ich ein wenig mit dem Fernglas beobachten. Ausgerechnet in Queenstown und wenige Tage vor dem Vollmond war es in der Nacht vom 16. zum 17. Februar klar und ich konnte über den See hinweg in Richtung Süden beobachten und photographieren. Sehr schön waren das Kreuz des Südens, die Magellanischen Wolken, der Kugelsternhaufen Omega Centauri, Canopus, der Skorpion und vieles andere sichtbar. Im Norden war der Orion dominant. Die fünf Nächte nach dem Vollmond wären noch astronomisch nutz-bar gewesen, aber der Nachthimmel war außer der letzten Nacht bedeckt. In dieser Nacht, in Twizel, konnte ich in Richtung Süden von ca. 1.30 - 4.00 Uhr sehr viel sehen und photographieren. Auch das schöne Sternbild Südliche Krone.
Wir wanderten am vorletzten Tag auf den Mount John zur Sternwarte gleichen Namens am Lake Tekapo. Das Observatorium besitzt das größte Teleskop Neuseelands mit einer Öffnung von 1,8 m, gebaut in Japan. Mit ihm suchen die Astronomen extraterrestische Planeten. Gesucht werden auch schwarze Löcher und die dunkle Materie. Der Ort Lake Tekapo ist dafür berühmt, daß hier seit Jahrzehnten die nächtliche Lichtverschmutzung für die Forschung, für Amateurastronomen und die Einwohner auf das äußerste reduziert wurde. Das ist weltweit einmalig und so kann man hier der Sternenhimmel in seiner ganzen Pracht ungestört genießen.
 
Mt. John Observatory auf dem Mount John am Lake Tekapo, Teilansicht

Durch das furchtbare Erdbeben in Christchurch, von dem wir Nachbeben erlebten, war uns das Erlebnis dieser Stadt genommen worden. Wir mußten aber im Außenbezirk der Stadt übernachten. Uns war nicht wohl dabei und die schrecklichen Folgen des Erdbebens haben uns tief bewegt. Als wir Neuseeland verließen, hatten wir viele herrliche Wanderungen in Gletschertälern, durch Regenwälder, an goldfarbenen Stränden, in Geysirfeldern und Vulkanüberquerungen in den Füßen. Wir sahen die Südalpen mit dem Mount Cook, Südbuchen, Baumfarne und Rimubäume. Per Schiff waren wir im Milford Sound und im mindest so schönen Doubtful Sound. Wir hatten wunderbare Begegnungen mit den Maoris und lernten etwas von ihrer Kultur kennen. Ein Höhepunkt war dabei der Waitangi Day. Neuseeland hat eine überaus reiche Natur. Aber wir erfuhren auch von deren Verletzbarkeit. Reisen heißt auch, nicht die Augen vor der Gefährdung der Natur und vor den sozialen Problemen zu verschließen.
 
Dietmar Scholz, Fotos: Barbara und Dietmar Scholz

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