Einleitung

 

Bei einem Besuch des Großsteingrabes von Nobbin / Rügen im Sommer 1965 gaben seine Konstruktion und seine Proportionen Anlass, genaue Vermessungen und Peilungen vorzunehmen. 

Die unterschiedliche Länge der beiden Steinreihen und die Tatsache, dass beide konisch aufeinander zuliefen, stellten eine erstaunliche Verbindung zwischen prähistorischem Längenmaß und modernem Meter her.  Die Anlage ließ also mit ihren Abmessungen auf eine zielgerichtete Planung und auf die teilweise Anwendung des Metermaßes schließen.

 

Noch deutlicher wurden die Maßverhältnisse in der symbolhaften Darstellung einer Erdkugel und einem vertieften Umriss von Afrika im exakten Meter- und Zentimetermaßstab. (Ausführliche Darstellung in L 2; Stimmungsbilder der ersten Entdeckungen in L1).

Die Peilungen ergaben Azimute, die in den Tierkreis führten. Der Verdacht lag nahe, dass auch andere Megalith-Bauten nach den gleichen Prinzipien errichtet worden waren. So begann eine Serie von Untersuchungen an verschiedenen prähistorischen Objekten in Mittel- und Westeuropa sowie in Übersee. Die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich ihrer Vermessung und der Anwendung des metrischen Dezimalsystems und ihrer Einbindung in eine alte zahlenmäßig erfassbare Astronomie werden nachfolgend vorgestellt.

Zu ergänzen wäre, dass an den meisten Plätzen auch eine begleitende prähistorische Kunst existiert: aus Geröllen herausgearbeitete Köpfe von Mensch und Tier (L 1, L 2).

 

 

 

 

2. Astronomische Grundlagen

2. 1. Tierkreis,  Präzession , Platonisches Jahr

Im Mittelpunkt steht überall der Tierkreis als „....eine gedachte Zone am Himmel, die den Äquator schief schneidet und deren Mittellinie (die Ekliptik) den im geozentrischen Weltbild scheinbaren Jahreslauf der Sonne markiert (L 3).  Dieser Sternengürtel wurde bereits in der chaldäisch-babylonischen Astronomie in zwölf Sternbilder  unterschiedlicher Breite eingeteilt und mit entsprechenden Namen versehen....Details

 

2. 2. Das Planetensystem

Natürlich galt die Aufmerksamkeit der Astronomen seit jeher auch den Wandelsternen. Um die Erde als Zentrum bewegen sich nach antiker Auffassung sieben Planeten einschließlich Mond und Sonne. In seinen Bemühungen, musikalisches System und dieses geozentrisches Planetensystem in Übereinstimmung zu bringen, benutzte Platon die Schwingungszahlen der Tonintervalle (Sekunde, Terz usw.) zur Ermittlung der Planetenabstände von der Erde. ...Details

 

3. Grundlagen der Vermessung

3. 1. Längenmaße
- Das Megalithic Yard (ca. 83 cm) wurde um 1970 vom britischen Anthropologen Alexander Thom und vom deutschen Archäoastronomen Rolf Müller unabhängig voneinander entdeckt (L 8). Es gilt vor allem bei der Vermessung des Großsteingrabes von Nobbin.
- Das Metermaß, Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt, wurde vor allem bei der Konstruktion der Steinkreise von Boitin und in der Bohrungsgeometrie verwendet. Hier blieb das Megalithic Yard durch indirekte Darstellung im Hintergrund.

3. 2. Winkelwerte
- Eine Fundgrube sind die Winkel zur Nord-Süd-Achse und zur Ost-West-Achse, woraus sich jeweils Doppelzahlen ergeben (12 ° NNO / 78 ° NNO; 54 ° WNW / 36 ° WNW). Sie gelten für Steinreihen, Visurlinien, Bohrungsrichtungen u. ä.
- Von Bedeutung sind außerdem die Winkel sich schneidender Linien, wie sie bei Berechnung ausgewählter Nazcalinien herangezogen werden konnten.

3. 3. Die Zahl Pi
Das ägyptische Papyrus Rhind enthält in der Formulierung 256 / 81 die Pi-Zahl 3 1/6 bzw. 3,16, die bei den Berechnungn zur Nobbiner Anlage verwendet wurde (L 9). Die moderne Pi-Zahl 3,14 spielt überraschenderweise bei den Boitiner Steinkreisen eine herausragende Rolle.

 

4. Rechenmethodische Verfahren


Die ermittelten Abmessungen im Millimeter-, Zentimeter-, Dezimeter-, Meter- oder Hektometerbereich und die Winkelwerte im 360 °-System führen entweder direkt oder unter Anwendung der vier Grundrechenarten zu den Kennzahlen des Tierkreises bzw. des Platonischen Jahres und / oder der Planeten.  ...Details

 

 

5. Ausgewählte prähistorische Objekte

5.1.  Bohrungsgeometrie an  der Räuberhöhle bei Dresden

Die Bohrungsgeometrie bzw. Bohrungsastronomie ist eine europaweit verbreitete prähistorische Methode, astronomische Daten in Form von Bohrungen am anstehenden Gestein mit Hilfe von Abmessungen und Winkelwerte dauerhaft zu dokumentieren. Auch im Dresdner Großraum gibt es mehrere Plätze, darunter eine besonders eindrucksvolle Bohrungsserie an der Räuberhöhle am Nordhang des Dresdner Elbtales. (L 2;  L 11)  ...Details

5. 2.  Die Steinkreise von Boitin

Im Tarnower Forst im Kreis Bützow gelegen, bilden drei Steinkreise mit ihren Mittelpunkten ein stumpfwinkliges gleichschenkliges Dreieck. Ein vierter Kreis liegt in 144 m Entfernung ungefähr auf der Basislinie des Dreiecks, die einen Azimut von ca. 144 ° aufweist (Deckungsgleichheit von Streckenlänge und Himmelsrichtung). Es gibt unterschiedliche Angaben zur Form und zu den Abmessungen der Anlage. (L 8) Hertel/Hertel/Müller  haben  deshalb um 1980 eine Neuvermessung vorgenommen. (L 12). ...Details

5. 3. Sakralbauten in der Steiermark

Hubert Stolla, Rechtsanwalt und Amateurarchäologe in der Steiermark,  hat für eine Anzahl von Kirchen, Kapellen, Roten Kreuzen und auch den Teufelstein in den Fischbacher Alpen die Abmessungen ihrer Standorte untereinander und deren Winkelverhältnisse untersucht. Er geht davon aus, dass diese Plätze bereits vor Errichtung der Kirchen, also in vorgeschichtlichen Zeiten, eine kultische Bedeutung hatten (L 13). Bei der Beschäftigung mit dem umfangreichen Skizzenmaterial, das Stolla freundlicherweise zur Verfügung stellte, ergaben sich  aufschlussreiche Zahlenparallelen zu anderen untersuchten Objekten.  ...Details

5.4.   Das Sonnentor von Tiahuanaco / Bolivien

In knapp 4000 Meter Höhe der südamerikanischen Anden breitet sich die Hochfläche der Meseta bzw. des Altiplano mit dem Titicacasee aus,  eingerahmt von der Küsten- und der Königskordillere. Zwanzig Kilometer entfernt vom See stehen die rätselhaften Ruinen von Tiahuanaco, ein vorgeschichtliches Kulturzentrum, dessen Herkunft im Dunkeln liegt. Kunstvollstes Relikt ist das Sonnentor, eine Andesitwand mit einem vielgegliederten Relief, in dem manche Forscher lediglich ornamentale Verzierung, andere jedoch zweckgebundene Symbolik sehen, die eine Kalenderordnung erkennen lässt. ....Details  

Schlußbetrachtung

Beiderseits des Atlantik existierte in einer Zeit von ca. 2500  v. Chr. an und über die folgenden Jahrhunderte hinweg ein einheitliches astronomisches Wissen,  eingekleidet in ein Zahlengewand, das mit den modernen mathematisch erfassbaren  Naturwissenschaftsergebnissen  verglichen werden kann. Trotz seiner unterschiedlichen methodischen Darstellung  ist der zentrale Inhalt überall der gleiche: der Tierkreis, das Platonische Jahr mit seinen Einzelheiten und die Planetenwelt des geozentrischen Weltbildes. Von ihnen leitete man die Weltenzeitenläufe und die Raumesordnung des Kosmos ab.  Besonderes Merkmal ist neben der Kenntnis der 360 ° - Kreiseinteilung und neben dem Gebrauch des Megalithic Yard  die Anwendung des Dezimalsystem des   Meters. Vermutlich handelt es sich bei diesen Plätzen um Einweihungsstätten einer Priesterschaft, einer geistigen Elite, vergleichbar beispielsweise mit dem keltischen Druidentum, an denen ein geheim gehaltenes Wissen erworben, gepflegt und an eine Schülerschaft  weitervermittelt wurde. Dabei bildet die astronomische Zahlenhülle sicherlich nur das äußere Gerüst, hinter dem sich hohe geistig-moralische Impulse verborgen hielten. Auch bleibt anzunehmen, dass an diesen Plätzen neben der Astronomie auch Heilkunde, Agrareinsichten, meteorologische und technische Kenntnisse gehütet wurden. Für die Archäologie und Vorgeschichte ergeben sich daraus neue Aufgabengebiete, die möglicherweise eine Neubewertung und Aufwertung der Entwicklungsgeschichte der Menschheit notwendig machen.  

 

Literaturverzeichnis  

L1 Seurig, Max;  "Zahlenbrücke zwischen Alter und Neuer Welt", Druckerei und Verlag Christoph Hille,    Dresden (2002)  
L2 Seurig, Max und Baumann, H. Werner; "Wenn Steine Platonisch reden", Druckerei und Verlag Christoph Hille Dresden (2000)  
L3 "Lexikon der Kunst", Band 7, E.A. Seemann Verlag Leipzig (1994)  
L4 Stumpf, Karl (Herausgeber): "Astronomie", Fischer Bücherei KG Frankfurt/Main (1957)  
L5 Wachsmuth, Günther; "Entwicklung der Erde", Dornach (1950)  
L6 Apelt, Otto; Übersetzung der Dialoge "Kritias" und "Timäos" (Platon), Meiner Leipzig (1919)  
L7 Diesterweg, Adolf; "Populäre Himmelskunde", H. Grand Hamburg (1904)  
L8 Drößler, Rudolf; "Astronomie in Stein", Prisma-Verlag Leipzig (1992)  
L9 Gericke, Helmuth; "Mathematik in Antike, Orient und Abendland", Fourier Verlag GmbH Wiesbaden (2003)  
L10 Steiner, Rudolf; "Aus der Akashachronik", Rudolf-Steiner Verlag Dornach (1980)  
L11 Seurig, Max; "Von den Hellerbergen zum Lößnitzgrund", Hellerau-Verlag Dresden (1994)  
L12 Hertel, Peter; Hertel, Gisa und Müller, Andreas; "Boitin Dokumentation", Archiv für  Zivilisationsforschung Tharandt  
L13 Stolla, Hubert; Zeichnung 433 a Briefwechsel
L14 Seurig, Max; Das Menetekel der Kornkreise, Druckerei und Verlag Christoph Hille Dresden (2001)

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